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Gänsehautgefühl: Riesling Fellow Peter Kuhn im Interview

09.09.2021

"Er hat förmlich aus dem Glas gestrahlt, gebündelt, mit Frische, angereifter Frucht und feinster mineralischer Kraft," so emotional beschreibt Peter Kuhn, der Experte für deutschen Wein in der Schweiz und Inhaber der Weinhandlung peterkuhnweine.ch, sein erstes einprägsames Erlebnis mit deutschem trockenen Riesling im DWI Experten-Interview „Die 7 Fragen zu deutschem Wein“.


Der Name Peter Kuhn und die Weinhandlung Boucherville galten ab den 1990er Jahre lange als Institution auf dem Schweizer Weinmarkt. Dort startete der Schweizer Wein-Connoisseur sein Engagement für deutsche Weine, das massgeblich zu deren positivem Imagewandel beim Schweizer Konsumenten führte. Dafür wurde ihm 2016 der Titel „Riesling Fellow“ verliehen. Seit 2014 führt er seinen eigenen Weinhandel, in seinem Portfolio finden sich natürlich auch zahlreiche deutsche Weine.

Peter Kuhn im Interview:

1. Was war der erste deutsche Wein, den Sie jemals probiert haben und wann?
Das muss Anfang der 1980er Jahre gewesen sein. Kann mich aber nicht mal daran erinnern, ob er weiss oder rot war. Kann also nichts Aufregendes gewesen sein. Dafür erinnere ich mich noch sehr gut an die 1992 Ürziger Würzgarten Riesling Spätlese trocken von Dr. Loosen. Der erste trockene Riesling aus Deutschland, der mich überwältigt und Gänsehaut erzeugt hat. Getrunken habe ich ihn mit ca. acht Jahren Flaschenreife und er hat förmlich aus dem Glas gestrahlt, gebündelt, mit Frische, angereifter Frucht und feinster mineralischer Kraft.

2. Was war Ihr denkwürdigster Moment mit deutschem Wein?
Eine schwierige Frage, weil es in den vergangenen dreissig Jahren sehr viele Momente gab, die bei mir positive Gefühle ausgelöst haben und an die ich mich auch heute noch immer wieder gerne erinnere. Schon die vielen immer sehr kurzweiligen und anregenden Mittag- oder Abendessen mit Winzern, an denen meist auch gereifte Rieslinge und eine gepflegte und regionale Küche serviert wurde. Wie kann man deutsche Weine schöner erleben? Na ja, schöner nicht, aber einprägsamer schon. Die Riesling-Gala im Kloster Eberbach und die VDP-GG-Vorpremiere in Wiesbaden sind für mich klar die beiden Anlässe, die auf eine einmalige und geniale Art und Weise Einblicke ins Epizentrum des Deutschen Weinschaffens geben. Noch mehr Paradies für einen Riesling-Fan kann ich mir nicht vorstellen.

3. Was ist Ihr Lieblingsort in den deutschen Weinregionen und warum?
Ich kann mich nicht einmal entscheiden, welches meine liebste Weinregion in Deutschland ist. Aber auf Anhieb begeistert, vor dreissig Jahren, haben mich vor allem zwei Regionen: Die Mosel und die Pfalz. Dann ist der Rheingau dazu gekommen und nun zählt auch Baden dazu. Das hat aber nicht nur mit den Winzern oder den Weinen zu tun, sondern ebenso mit den schönen Weinbergen und Landschaften, den Ortsbildern, den Restaurants und Hotels und der Gastfreundlichkeit, die einem da begegnet. Auf die Abende bei Weinreisen freue ich mich immer ganz besonders. Entweder ist man mit Winzern verabredet oder wir essen in einem netten Restaurant, geniessen die gute Küche, einen reifen Riesling und Spätburgunder dazu und lassen angeregt den Tag und die Weineindrücke Revue passieren.

4. Welche Flasche deutschen Wein würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen und warum?
Weil ich ein praktisch denkender Mensch bin, wäre das natürlich eine Grossflasche. Am liebsten ein gereifter trockener Riesling. Ein Batterieberg oder Ellergrub von Immich-Batterieberg, Mosel, ein Silberlack von Schloss Johannisberg oder ein Nonnenberg von Breuer? Ich hoffe, ich muss nie eine solche Entscheidung treffen.

5. Haben Sie ein deutsches Lieblingsgericht und den idealen Wein dazu?
Wiesbaden, kross gebratene Ente und ein schöner etwas gereifter Spätburgunder kommen mir da als erstes in den Sinn. Aber nicht weniger freue ich mich schon jetzt auf den nächsten Besuch im Schwarzen Adler in Oberbergen. Gerne erinnere ich mich auch immer wieder an das frische, krustige und schmackhafte Brot mit Griebenschmalz in der Pfälzer Gastronomie. Ein schön gereifter, stimmiger und trockener Riesling ist bei uns eigentlich fast immer angesagt, genauso wie finessenreiche und tiefgründige Spätburgunder von talentierten Winzern!

6. Mit wem möchten Sie gerne ein Glas deutschen Wein trinken und warum?
So auf die Schnelle kommt mir da kein Name in den Sinn. Ausser vielleicht Anne Krebiehl MW, die in London lebt und arbeitet. Ich habe sie vor vielen Jahren in Wiesbaden an der VDP-GG-Vorpremiere kennengelernt, wir sassen beim Mittagessen zufällig nebeneinander und es ergab sich daraus ein kurzweiliges und anregendes Gespräch. Seitdem ist es mir immer wieder eine Freude, sie bei verschiedenen Anlässen zu sehen und mit ihr zu plaudern.

7. Welchen deutschen Wein würden Sie gerne probieren, weil Sie noch keine Gelegenheit hierfür hatten?
Einen konkreten Wein oder ein Weingut kann ich da jetzt nicht nennen, aber ich liebe gereifte trockene Rieslinge über alles und ganz besonders Vertikalproben. Wenn man von einem Wein mehrere Jahrgänge nebeneinander stehen hat, finde ich das immer höchst anregend und kurzweilig, weil die Weine meist viel zu erzählen haben und man nur zuhören bzw. reinriechen muss. Das empfinde ich als sehr wohltuend und bereichernd. Für mich die beste Art, einen Wein richtig zu verstehen. Was mich dann immer am meisten freut ist, dass es kaum Ausfälle gibt, wenn jeder Wein den Jahrgangscharakter in sich trägt, aber solide und gradlinig dasteht. So gesehen gibt es noch sehr viel zu entdecken, weil es bereits jetzt schon sehr viele grossartige trockene Rieslinge gibt und die Zukunft schlicht berauschend aussieht, weil die Weine einfach immer noch feiner und nuancierter gelingen, dank Hingabe und Leidenschaft der Winzer.

 

Hintergrund zu "7 Fragen zu deutschem Wein"

Hier plaudert die internationale Weinszene aus dem Nähkästchen: Das Deutsche Weininstitut stellt herausragenden Persönlichkeiten der internationalen Weinszene je sieben Schlüsselfragen zu deutschem Wein.